KLARTEXT & IMPULSE

Mai 2021: Impulse für Ellwangen zur Bewältigung der Corona-Krise

Die Lage ist ernst: Lasst uns gemeinsam handeln!

Zunächst wollen wir den vielen Menschen in Ellwangen und den Teilorten, die sich in der Pandemie selbstlos und hilfsbereit für ihre Mitmenschen im Haupt- oder Ehrenamt einsetzen, unseren großen Dank aussprechen. Sie leisten Großartiges. Seit über einem Jahr befinden wir uns nun im Ausnahmezustand. Wir alle hoffen auf ein baldiges Ende dieser schwierigen Situation, dies ist jedoch nicht absehbar. Deshalb finden wir es umso wichtiger, neben den aktuell notwendigen Maßnahmen darüber nachzudenken, was unsere Stadt langfristig braucht und was den Menschen in Ellwangen guttut.

Die Menschen wünschen sich Halt und Orientierung. Und sie brauchen kontinuierlich verlässliche Informationen und Ansprechpartner.

Wir beobachten im Moment mit Sorge, dass antidemokratische Kräfte in unserer Stadt, die Chance nutzen und versuchen, die Deutungshoheit über den Umgang mit der Krise zu erlangen. Es muss uns gemeinsam gelingen, unsere sozialen Beziehungen über die Krise hinweg zu retten, weiterhin miteinander in Kontakt zu bleiben und den verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt den Rücken zu stärken. Sie sind die Mehrheit. Wir wollen auch die Chance ergreifen, frische Ideen zu entwickeln und gemeinsam neue Wege zu gehen. Dies ist jetzt die Aufgabe aller demokratischer Kräfte und aller Parteien in unserer Stadt, weshalb es einer gemeinsamen Kraftanstrengung bedarf, um Konzepte für einen Weg in und aus der Krise für zu entwickeln und umzusetzen.

Familien stärken: Schulen und Kitas sicher machen

Familien in Ellwangen leisten seit über einem Jahr über die Maßen viel. Doch viele sind erschöpft. Daher ist es wichtig, dass die Einrichtungen, die unsere Kinder besuchen, darin unterstützt werden, neben der Bildungs- auch ihrer Entlastungsfunktion nachzukommen. Regelmäßige Tests auch in den Kindergärten, auch für die Kinder, schützen ErzieherInnen und verhindern die Ausbreitung des Virus in den Familien. Die Testpflicht an Schulen muss in Ellwangen grundsätzlich vor Ort umgesetzt werden, das heißt auch in den Grundschulen. Eltern, die dies nicht wollen, können Testergebnisse für ihre Kinder aus Testzentren, von Ärzten oder aus Apotheken vorlegen. Diese Optimierung des Testverfahrens stärkt kooperationsbereiten Menschen den Rücken. Das Feld sollte nicht den Quertreibern überlassen werden, die aktuell in Ellwangen gegen das Maskentragen, das Impfen und das Testen auf vielfältige Weise hetzen und Falschinformationen verbreiten.

Um die Notbetreuung und den Unterricht - in welcher Form auch immer - sicherzustellen, sollte die Stadt sich unkompliziert beteiligen und über die kurzfristige Nutzung zusätzlicher Räumlichkeiten nachdenken.

Testen hilft große Ausbrüche zu verhindern

Das Testzentrum in der Stadthalle wird sehr gut angenommen. Es trägt entscheidend dazu bei, dass durch frühzeitiges Erkennen von Infektionen größere Ausbrüche verhindert werden und eine Kontaktnachverfolgung möglich bleibt. Weitere Angebote auch in den Teilorten müssen folgen. Nicht nur die Strukturen, sondern auch die Bereitschaft sind da. So könnte man evtl. die Helfer-vor-Ort- Gruppen, welche bisher schon einen unglaublichen Job gemacht haben, oder weitere Vereine anfragen. Daraus können Win-win-Situationen entstehen. Denn das Testen wird den Vereinen vergütet.

Es bedarf eines regen Austauschs mit Ellwanger Unternehmen, da auch dort regelmäßig getestet werden sollte, um zu verhindern, dass der Betrieb durch Krankheitsfälle und Quarantäne längere Zeit stillsteht und um den Betrieben beim Aufbau der Strukturen zu helfen, die bei einer gesetzlichen Verpflichtung, den Arbeitnehmenden Testmöglichkeiten anzubieten, nötig werden.

Neben einer lokalen Initiative „Ellwangen testet” ist auch eine Aufklärungskampagne seitens der Stadt in den sozialen und klassischen Medien darüber notwendig, was Antigen-Tests leisten können, was nicht, was bei einem positiven Ergebnis passiert und warum es so wichtig ist,
dass möglichst viele bei der gemeinsamen Teststrategie mitmachen, aber vor allem, wie

sehr es hilft, wenn auch symptomlos positiv Getestete erkannt werden, damit sie andere nicht anstecken. Auch müssen wir der Meinung entgegentreten, ein positives Test- ergebnis stigmatisiere oder traumatisiere die getestete Person.

Wir brauchen die Vereine

In der Krise zeigt sich, wie wichtig der soziale Kitt vor Ort ist. Ohne die zahlreichen Initiativen und Menschen, die Hilfen organisiert haben, wären wir insbesondere am Anfang der Pandemie nicht so gut durchgekommen. Hilfsdienste wie das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser, die Johanniter und viele mehr sind gerade in unserer Stadt im meist ehrenamtlichen Dauereinsatz und leisten Immenses. Auch viele Vereine unternehmen alles in ihrer Kraft stehende, um den Zusammenhalt der Menschen in unserer Stadt zu erhalten. Zahlreiche Nachbarschaftsprojekte zeigen, dass die Menschen einander brauchen und füreinander da sein wollen.

Gemeinschaftsorientiertes Handeln lernt man vor allem in den Vereinen. Sie prägen unsere Stadt und die Teilorte und haben es zur Zeit besonders schwer, da ein Großteil ihrer Angebote nicht mehr stattfinden kann und sie auch auf die Einnahmen aus Veranstaltungen verzichten müssen. Eine konsequente, umfassende Teststrategie wäre ein wichtiger Baustein dafür, dass die Vereine wieder aufleben können. Dabei sollten vor allem Angebote für Kinder Priorität haben. Die Arbeit und die Integrationskraft der Vereine sind ein Grundpfeiler unserer solidarischen Gesellschaft. Daher brauchen die Vereine einen Schutzschirm der Stadt, damit sie nicht auf der Strecke bleiben. Wie ein solcher Schutzschirm im Detail aussehen kann, soll bei einem digitalen Dialog mit den Vereinen ausgelotet werden. Auch Bürgschaften der Stadt für in Not geratene Vereine dürfen kein Tabu sein.

Alle an den Tisch holen und im Gespräch bleiben

Neben den Gesprächen, die bilateral zwischen einzelnen Personenkreisen und der Stadtverwaltung geführt werden, ist es notwendig, dass sich Menschen in unserer Stadt über ihre Bedürfnisse und Interessen austauschen können. Digitale Einwohnerversammlungen sowie eine „Planungszelle” sind geeignete Formate, um den Austausch zu ermöglichen - jetzt und nach der Pandemie. Eine „Planungszelle“ kann den momentan fehlenden Interessenaustausch in der Stadtgesellschaft kompensieren und als Beratungsgremium für die handelnden Personen im Rathaus dienen. Für eine solche „Planungszelle“ werden EinwohnerInnen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Diese arbeiten mit Mitgliedern des Gemeinderats und Fachleuten an gemeinsamen Lösungsansätzen. Dass Angebote, bei denen es zur Diskussion kommt, wichtig sind, zeigt der Erfolg des ersten „Gartenschau Gesprächs“ „LGS-DigiLog“ Mitte März dieses Jahrs.

Das Leben zurück in die Stadt bringen

Das Leben soll nach der Pandemie in unsere Innenstadt zurückkehren. Das benötigt pragmatische und weitsichtige Ansätze: unkonventionelle Maßnahmen, kreative Lösungen und Bürgerbeteiligung sind gefragt. Eine große Chance sehen wir in der Digitalisierung. Was spricht gegen eine für alle Gewerbetreibenden offene professionelle Plattform Ellwanger Geschäfte, Imbisse und Lokale, die von den jeweiligen Inhaberinnen und Inhabern unkompliziert und ohne große Programmierkenntnis aktualisiert werden kann? Hier kann die Stadt den Stein gemeinsam mit dem Verein Pro Ellwangen und der Citymangerin der Stadt ins Rollen bringen.

Leerstände können durch temporäre Nutzungen, durch Ansiedlung kleiner Geschäfte und weiterer Gastronomie und als mögliche Raumangebote für Vereine oder Co-Working-Space-Initiativen verhindert werden. Gastronomie und kulturelle Angebote sind der Schlüssel zum Erfolg.

Auch eine Umnutzung in Wohnraum insbesondere für Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Behinderungen oder auch Studierende und Azubis kann eine gute Idee sein. Hinzu kommt, dass diese so direkt am städtischen Leben teilhaben können.

Wir bedürfen der Kultur dringender denn je. Dass die Kultur eine Pandemietreiberin ist, konnte bisher nicht bestätigt werden. Daher muss es möglich gemacht werden, dass mit schlüssigen Konzepten bald wieder kulturelle Angebote stattfinden können und unsere Museen sicher öffnen können. Der Stadt fällt hier eine wichtige Rolle als Starthelferin zu, z.B. durch die Unterstützung aller Kulturangebote bei der Umsetzung von Hygienemaßnahmen oder durch das Bereitstellen von „sicheren Bühnen“. Das Ellwanger Autokino und die pandemiekonforme Organisation der Schlosskonzerte letzten Sommer sind hierfür tolle Beispiele. „Sommer in der Stadt“ ist ein sehr wichtiger Eckpfeiler des kulturellen Lebens, das auch in diesem Jahr möglich gemacht werden sollte.

Das Rathaus als wichtige Anlaufstelle

Die Menschen brauchen gerade dringender denn je aktuelle Informationen aus verlässlichen Quellen. Sie sind auf digitale Medien angewiesen und nutzen diese deutlich mehr als noch vor einem Jahr. Für viele ist es die einzige Möglichkeit, mit anderen in Kontakt zu bleiben. Eine transparente, unkomplizierte und barrierefreie Informationskultur schafft nicht nur Akzeptanz, sondern sorgt auch mit für eine effektive und effiziente Bekämpfung der Pandemie. Dadurch kann verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen werden.

Die Internetseite der Stadt Ellwangen sollte hier einen wichtigen Beitrag leisten, indem die Informationen dort regelmäßig aktualisiert werden. Der Relaunch des Internetauftritts der Stadt ist hier ein erster und wichtiger Schritt. Das ist super. So sind nun aktuelle Informationen, welche Regelungen in Ellwangen im Moment gelten, auf der Startseite zugänglich. Jetzt ist eine gute Gelegenheit, auch die Kontaktdaten und Informationen zu aktualisieren. Zusätzlich sollte es eine Rubrik Pressemitteilungen geben, in der man die aktuellen Themen unkompliziert nachschauen kann. Fragen wie “Wie läuft das jetzt mit den Schulen?”, “Wo kann ich mich in der Stadt testen lassen?” und “Wie läuft es gerade mit den Geschäften?” müssen einfach und schnell geklärt werden können. Eine Rubrik FAQ-Ellwangen wäre vielleicht eine Idee. Reine Verlinkungen auf die Seiten des Landkreises und des Landes bzw. der Ministerien werden den Bedürfnissen der Menschen, die in Ellwangen wohnen, nicht gerecht, da sie die kommunalen Besonderheiten nicht berücksichtigen. Auch kurze Berichte aus den Gemeinderatssitzungen und den Ausschüssen wären wichtig, da ein persönlicher Besuch der Sitzungen nicht mehr möglich ist.

Neben dem Zugang zum Ratsinformationssystem der Stadt Ellwangen sollten auf der Internetseite der Stadt Ellwangen die Mitglieder des Gemeinderats samt Fraktionszugehörigkeit außerhalb des Ratsinformationssystem aufgeführt werden. Es muss eine Möglichkeit, mit den gewählten Vertretern und Vertreterinnen Kontakt aufnehmen zu können, geben. Dies muss unkompliziert und barrierefrei für alle möglich sein.

Das Bürgerbüro ist und bleibt die wichtigste Anlaufstelle für zahlreiche Anliegen der Bevölkerung. Auch hier hoffen wir auf kreative Lösungen, die auch nach der Pandemie sinnvoll bleiben: Terminvergabe übers Internet, eine Telefonhotline, Videosprechstunden, digitale Formulare. So verkürzen wir das Festhängen in den Telefonwarteschleifen. Öffnungszeiten sollten ausgeweitet, das Personal aufgestockt werden – auch um die Mitarbeitenden des Rathauses zu entlasten.

Mehr mediale Präsenz in den sozialen Medien

Neben der Internetseite sollten weitere digitale Kanäle der Stadt in den sozialen Medien regelmäßig bespielt werden, damit nicht antidemokratische Kräfte die Deutungshoheit in unserer Stadt erhalten. Die Aktion mit den Kinderschuhen vor dem Rathaus, sollte uns sehr nachdenklich stimmen und zum Handeln bringen. Beobachtet man die Entwicklung der einen oder anderen privaten Facebook- Gruppe, die Ellwangen im Titel trägt und durchaus mitgliederstark ist, so muss man leider feststellen, dass hier zwar Ellwangen draufsteht, aber nur noch sehr wenig Ellwangen drin ist. Daher braucht es hier eine andere Entwicklung oder eine Alternative. Denn Ellwangen ist und bleibt bunt! Es gilt, in den sozialen Medien mehr für das gemeinsame Handeln und die Akzeptanz der Maßnahmen zum Infektionsschutz zu werben.

Packen wir es gemeinsam an!

Ellwangen hat seine Geschicke selbst in der Hand. Es gibt Handlungsspielräume für die Stadt und ihre Einwohnerinnen und Einwohner. Lasst sie uns gemeinsam zum Wohle der Kernstadt und der Teilorte nutzen. Wir kennen die ultimativen Lösungen und letzten Weisheiten nicht, sondern verstehen dieses Papier als Wasserstandsmeldung der augenblicklichen Situation und als Ideenpool für die kommende Zeit. Es soll als Impuls für einen gemeinsamen Weg aller aus dem durch die Pandemie erzwungenen Stillstand dienen. Ellwangen kann das! Packen wir es gemeinsam an!

Ellwangen, 1. Mai 2021

Ariane Bergerhoff Vorsitzende SPD Ellwangen

Beate Rothmaier
Stellvertretende Vorsitzende SPD Ellwangen

Gabriel Stengel
Vorstand der SPD Ellwangen

Herbert Hieber
SPD Fraktionsvorsitzender

 

Kontakt zum SPD Ortsverein Ellwangen: kontakt@spd-ellwangen.de

Mai 2020: KLARTEXT - Kommentar zur Haushaltssperre

Was heißt hier Freiwilligenleistung?

Kommentar zur Haushaltssperre

Die Bedeutung von Kultur und Sozialem für die Gesellschaft der Stadt

 

Die Haushaltssperre, die der Gemeinderat der Stadt Ellwangen am 28.5. 2020 mit 25 zu 6 Stimmen beschlossen hat, sendet ein fatales Signal.

 

Die Schuldenbremse ist eins der prominentesten Opfer des Coronavirus. Auf Bundesebene konnte sie nicht aufrecht erhalten werden. Zum Glück für viele, die in Zeiten der Krise Unterstützung aus Steuermitteln erfahren.

 

Fatal ist das Signal aus Ellwangen deshalb, weil die ordoliberale Maxime der Austeritätspolitik in Zeiten finanzieller Enge, spätestens seit der Finanzkrise und der Drangsalierung südeuropäischer Staaten durch EWZ, EU und IWF, als unwirksam belegt ist. Außer dem Sturz vieler Menschen aus den sozialen Sicherungssystemen und dem erzwungenen Verkauf staatlicher Infrastruktur an ausländische Investoren (Stichwort der Hafen von Piräus, Stichwort neue Seidenstraße) hat sie kaum dazu beigetragen, neues Wachstum zu generieren und es den betroffenen Ländern verunmöglicht eine neue Rolle in der EU zu finden. Schon seit über hundert Jahren gibt es den gegenteiligen Ansatz des britischen Wirtschaftswissenschaftlers John Maynard Keynes, der in Zeiten finanzieller Enge verstärkte Investitionen auch um den Preis einer höheren Schuldenlast und entsprechend längerer Tilgungszeiten fordert. Durch Investitionen die Zukunft sichern, ist die Grundüberlegung.

 

Fakt ist. Wir haben seit Jahren eine Nullzinspolitik, die es der öffentlichen Hand ermöglicht, sich günstig zu finanzieren. Fakt ist auch. Corona wird finanzielle Engpässe auf bundes-, landes- und kommunalpolitischer Ebene verursachen. Konjunkturkrise, Haushaltseinbrüche, Zukunftsangst — was tun?

 

Die Stadt Ellwangen hat für sich die Lösung in einer Haushaltssperre gefunden und sie im vorauseilenden Gehorsam beschlossen, noch bevor die coronabedingten finanziellen Verluste absehbar sind, und bevor die coronabedingte Unterstützung der kommunalen Finanzen von Seiten des Bundes oder des Landes entschieden war.  Sparen liegt uns, sagt ein gängiges Vorurteil über die Schwaben. Haushalten und sparen sind aber zwei Paar Schuhe.

 

Klug haushalten bedeutet in Zeiten der Krise eben nicht, Investitionen zurückzstellen, sondern im Gegenteil – auch wenn es privat- und betriebswirtschaftlichen Impulsen zuwiderläuft – für die Zukunft zu investieren. Eine Stadt, und mag sie noch so klein und scheinbar bedeutungslos im strukturschwachen Gebiet gelegen sein, kann gerade jetzt in die Zukunft investieren: im Hinblick auf die Landesgartenschau 2026, auf eine Pflegeakademie, auf den Zuzug von Familien und Arbeitnehmer*innen jeden Alters, die in den leistungsstarken mittelständischen Betrieben, den Bildungs- und Pflegeeinrichtungen dringend gebraucht werden. Ellwangen glänzt durch seine Bestandsgüter, die so nur wenige Städte haben:  die großartige, weitläufige Naturlandschaft, eine vielhundertjährige aufregende Geschichte, eine tolerante, weltoffene Einwohnerschaft, Kunst und Kultur, Museen, Bäder, neue Einwohner*innen aus aller Welt, nicht zuletzt ausgezeichnete Schulen und Bildungsstätten.

 

Die Haushaltssperre bezieht sich auf eine eindrucksvolle Liste so genannter „Freiwilligkeitsleistungen“, in meinen Augen absolut notwendige Einrichtungen. Dazu gehören das Alamannenmuseum, das Alleinerziehendennetzwerk, die Altenarbeit, Ausstellungen, Zuschüsse an die Bäder, das bürgerschaftliche Engagement, die Dorfgemeinschaftshäuser, den Familienpass, die Frauenbeauftragte, Ferienbetreuung und Schülerhorte, Fremdenverkehr und Tourismus, das Kulturamt, Jugendbeauftragte, Jugendsozialarbeiter, Jugendblasorchester, freiwillige Jugendhilfe, Jugendzentrum. Ferner Konzerte, kulturelle Beziehungen, Städtepartnerschaften, Märkte, die Musikschule, die Öffentlichkeitsarbeit, das Palais Adelmann, die Parks und Gartenanlagen, die Schlauchwerkstatt der Feuerwehr, die Schulsozialarbeit, den Seniorenrat, die Sportförderung, die Stadtbibliothek, der Stadtbus, der Kalte Markt, die Pferde- und Heimattage, die Faschingsveranstaltungen, die Volkshochschule und das Citymanagement.

 

Insgesamt betreffen von dieser Liste vierzehn die Kultur und vierzehn das soziale Engagement für Familien, Frauen, Jugendliche, Alte und sozial Schwächere. Einige treffen den Kern von Ellwanger Traditionen wie den Kalten Markt, die Heimattage, das Palais Adelmann, die Bäder. Die Haushaltssperre kürzt nicht die Mittel all dieser Einrichtungen und Engagements, könnte sie aber betreffen, wenn der OB, der Kämmerer gemeinsam mit den Jasagern im Gemeinderat dies für notwendig erachten.

 

Ich schreibe hier als Schriftstellerin und Sozialdemokratin und frage mich angesichts dieser Entscheidung, was  sowohl Kultur als auch Soziales für Ellwangen und seinen gesellschaftlichen Zusammenhalt bedeuten. Sind sie ein „Nice-to-have“ oder ein existenzielles Lebensmittel. Der Begriff „Freiwilligenleistung“ suggeriert ja, dass es sich bei den oben erwähnten Engagements der öffentlichen Hand um einen optionalen Beitrag handelt, auf den auch verzichtet werden könnte. Das verkennt die Bedeutung von Kultur und Sozialem nicht nur für die Gesellschaft, sondern für jeden einzelnen Menschen.  Bereits 2010 stellte der Deutsche Kulturrat in einem Positionenpapier fest: „Kunst und Kultur haben eine herausragende Bedeutung für die Gesellschaft. Für jeden einzelnen Menschen sind Kunst, Kultur und kulturelle Bildung wesentlich. (…) Trotz der zentralen Bedeutung von Kunst, Kultur und kultureller Bildung für jeden Einzelnen und für die Gesellschaft insgesamt sind diese Bereiche immer wieder von Kürzungswellen betroffen. Sie werden teilweise lediglich unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet und nur als Nutznießer und Empfänger öffentlicher Gelder aus den Taschen der Steuerzahler gesehen. Eine solche Betrachtung lässt außer Acht, dass es sich bei der Förderung von Kunst, Kultur und kultureller Bildung um keine Subvention sondern vielmehr um eine Investition handelt.“

 

In diesem Sinne wünsche ich mir großes und mutiges Engagement meiner Heimatstadt für ein kulturell bedeutungsvolles und soziales Ellwangen und hoffe auf das rasche Ende der Haushaltssperre, die Kultur, Soziales und Traditionen und in ihnen den Kern der Identität Ellwangens bedroht.

 

Beate Rothmaier
Autorin/Texterin und stellvertretende Vorsitzende der SPD Ellwangen

XXX: KLARTEXT - Brauchen wir einen Mietspiegel?

Braucht Ellwangen einen Mietspiegel?

Auch in Ellwangen steigen seit Jahren die Mieten.

Die Landes-SPD schätzt in einem Programmpapier zum Thema “Wohnen” die Situation für ganz Baden-Württemberg als angespannt ein.

Was tun? Vielfach wird gefordert, mehr Wohnungen zu bauen. Maßnahmen wie Mietendeckel oder die Mietpreisbremse würden den freien Markt einschränken und keine einzige zusätzliche Wohnung verfügbar machen. Das ist richtig. Einerseits. Doch warum nicht beides tun und dem angespannten Wohnungsmarkt eine Verschnaufpause gönnen, bis neue Wohnungen gebaut sind?

Um die Situation in Ellwangen transparent zu machen, hat sich der Ortsverein der SPD mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Mietspiegel für Ellwangen hilfreich wäre. Einerseits könnte er, wie das in Aalen bereits der Fall ist, für Klarheit sorgen und einen Überblick darüber bieten, welche Mieten derzeit bezahlt und verlangt werden. Andererseits erfasst ein Mietspiegel nur die Neuvermietungen und die veränderten Bestandsmieten der letzten vier Jahre. Das heißt, diejenigen Mieten, die seit über vier Jahren unverändert sind, werden nicht erfasst, was zu einer Durchschnittsmiete pro Quadratmeter führen kann, die erheblich über dem liegt, was viele Ellwanger Mieter derzeit zahlen. Die Stadt München hat bei der Bundesregierung bereits mehrfach gefordert, den Mietspiegel dahingehend neu zu definieren, dass auch die unveränderten Bestandsmieten aufgenommen würden. Damit würde der Mietmarkt realistisch abgebildet werden - und der durchschnittliche Quadratmeterpreis sinken. Bei der derzeitigen Berechnungspraxis könnten in Ellwangen Mieterhöhungen gefordert werden, die genau die Situation verschärfen, die durch die Transparenz eines Mietspiegels gemildert werden sollte. Kontraproduktiv also.

Ellwangen tut Zuzug gut. Junge Leute, Fachkräfte, Familien, Senioren, egal woher sie kommen, bereichern das Leben in der Stadt, durch die Vielfalt ihrer Lebensentwürfe und kulturellen Hintergründe. Wer jedoch neu nach Ellwangen kommt und eine Wohnung oder ein Haus zur Miete sucht, tut sich schwer.

 

Quadratmeterpreise bis zu 11 Euro kalt sind keine Seltenheit.  Viele Ellwangerinnen und Ellwanger sind glückliche Eigenheimbesitzer. Nicht nur das, viele haben Einliegerwohnungen, die nicht vermietet sind, aus welchen Gründen immer. Das ist schade.  

Die SPD Ellwangen will daher darauf hinwirken, dass die Besitzer leerstehender Wohnungen mit möglichen Mietern in Kontakt kommen können, so wie es die Wohnraumoffensive des Landkreises un der Städte Aalen, Ellwangen und Schwäbisch Gmünd beabsichtigt. Wir wollen auch, dass Ellwangen eine Wohnungsbaugesellschaft erhält, die dafür sorgt, dass der städtische Wohnungsbau angekurbelt und zu fairen Mieten vergeben wird, dass Sanierungen, Renovierungen und Vermietungen in den Altstadthäusern attraktiver werden, dass seniorengerechtes, barrierefreies Wohnen in der Stadt möglich ist, wodurch Einfamilienhäuser frei werden könnten, die inzwischen oft nur noch 1-2 Personenhaushalte sind.

Unser Ziel ist die Belebung der Stadt. Und das kann nur durch die Menschen geschehen, die hier leben, einkaufen, wohnen. Und zwar zu bezahlbaren Mieten, die ihnen noch Spielraum lassen, Geld für anderes auszugeben: für die Restaurants, das Kino, die Kultur und Einkäufe in der Stadt.  

Um diese Ziele zu erreichen, braucht es den Mietspiegel so lange nicht, so lange seine Parameter nicht wie oben erwähnt verändert wurden und er die Mietensituation, die langjährigen Bestandsmieten eingeschlossen, realistisch abbildet.

 

Beate Rothmaier

 

Autorin/Texterin und stellvertretende Vorsitzende der SPD Ellwangen