Der raue Ton des Internets

Veröffentlicht am 28.04.2022 in OV-Zeitung

Wie Hass im Netz uns verändert und wer davon profitiert

Nils Einfeld

Das Internet ist ein Mittel des Realitätsverlusts. Es schließt nicht abends um acht und ist überall zugänglich. Es bietet dem Menschen die Möglichkeit, sich für nahezu unbegrenzte Zeit weder mit sich selbst, noch mit seiner Umgebung beschäftigen zu müssen.

Jedoch vereinfacht es nicht nur die Ablenkung durch unbegrenzten Zugang zu medialem Content, es vereinfacht auch die zwischenmenschliche Interaktion, indem man sich nach einem Posting nicht mit einer verbalen und erst recht nicht mit einer non-verbalen Antwort auseinandersetzenmuss. Denn diese kommt höchstens im harmlosen Gewand einer Pop up-Nachricht, wie wir sie täglich zu hunderten erhalten.

Dass dies Menschen dazu veranlasst, Dinge zu posten, die sie so niemandem ins Gesicht sagen würden, ist bekannt. Dass es sich dabei meist um Aufmerksamkeitsschreie verbitterter Menschen handelt, ebenfalls.

Beunruhigend ist jedoch, dass diese unpersönliche Art der Kommunikation, gepaart mit der Generierung von Filterblasen durch die Betreiber der Sozialen Netzwerke ein extrem effektives Instrument darstellt, wenn es darum geht, durch Emotionalisierung und confirmation bias, die Entscheidungen von Menschen in der analogen Welt zu beeinflussen.

War dies lange Zeit vor allem Werbetreibenden bewusst, so entdecken seit einigen Jahren auch politische Akteure dieses Instrument für sich. Mit teilweise fatalen Folgen. So berichtet beispielsweise Die Zeit, wie Russland bereits mit einigem Erfolg auf Social Media Verschwörungsmythen in Bezug auf Covid-Impfstoffe verbreitet, in der US-Wahl von 2016 zu Donald Trumps Wahlsieg beigetragen hat und nun versucht, mit den Kommentaren unzähliger Trolle die Invasion der Ukraine zu rechtfertigen.

All diese Dinge sorgen zunehmend dafür, dass wir das Vertrauen verlieren. Sowohl in die Medien als auch in unsere Mitmenschen.

Um dem entgegenzuwirken, müssen wir dringend lernen, falsche Informationen von echten zu trennen.

Denn das letzte, was wir in einer Situation wie dieser gebrauchen können, ist eine Gesellschaft, die sich vorlauterUnsicherheitnichtmalmehr in die Augen schauen kann.