Wo landet der Gelbe Sack?

Veröffentlicht am 28.04.2022 in OV-Zeitung

Zu Besuch bei einem müllfressenden Monster

Ariane Bergerhoff

Neunundzwanzig Kilo sogenannter Leichtverpackungen fielen 2020 pro Kopf im Ostalbkreis an. Das sind für Ellwangen 710 Tonnen.

Ich will herausfinden, wo der Verpackungsmüll landet. Die GOA konnte mir nicht sagen, wo die Gelben Säcke hinkommen. Denn die GOA sammle die Säcke nur ein, so die Antwort am Telefon. Jemand anders hole diese in der Deponie ab. Seit 2004 gehört die GOA zu 51% dem privaten Entsorgungsunternehmen Hörger aus Sontheim. 

Ich rufe dort an und bekomme sofort einen Termin. Gerne zeige man mir, was man mit Verpackungsmüll mache. Etwas mehr als 10% des Verpackungsmülls aus dem Ostalbkreis landen dort.

In Sontheim werde ich freundlich empfangen. Klar wird, dass Recycling für die CO2-Bilanz Sinn macht, nur nicht immer wirtschaftlich ist. Das große Problem beim Recycling sei die Art, wie Verpackungen konzipiert seien. Aber das, so Herr Sikiera, wolle er mir live und in Farbe zeigen.

Wir laufen zu den Hallen, in denen die Gelben Säcke landen. Müllberge empfangen mich. Lautstark arbeitet eine gigantische Maschine, die auf der einen Seite mit Gelben Säcken gefüttert wird, zwischendrin Tetra Paks, Plastikfolien, PET und verwertbare Rohstoffe auswirft. Am Ende spuckt sie aus, was weder sortierbar noch wiederverwertbar ist. Ich erklimme die Stufen. In den Gitterlöchern stecken alte Kaffeekapseln. Sinnbild für den verschwenderischen Umgang mit wertvollem Aluminium.

Zunächst werden die Gelben Säcke maschinell aufgerissen.

Hier erfahre ich, warum die Gelben Säcke so dünn sind. Dickere Tüten ließen sich nicht maschinell öffnen und kämen unsortiert raus.

Wir beobachten den Müllstrom. Wir spielen „Wer sieht was, was nicht in den Gelben Sack gehört?“: Zelt, Fußball, Plastikpuppe. Wir geben auf. Es ist zu viel. Der Weg führt höher hinauf. Wir sind auf drei Metern. Die Sortieranlage steht in einer Halle so groß wie die Ellwanger Stadthalle. Mich begleiten die Geräusche der Maschine. Ein Müll fressendes Tier, Herztöne unserer Konsumgesellschaft.

Jeder Teil der Maschine hat eine Aufgabe. Hier werden die Chipstüten erkannt und „pfft“ ausgeblasen. Da die Folien, hier das Metall. Ich finde einen Golfball und darf ihn auf eines der Bänder werfen. Der Golfball endet nun im letzten Loch – energetische Verwertung. So nennt man es, wenn etwas verbrannt wird. Aber nicht nur der Golfball endet im Feuer.

Auch Rohstoffe, die in Verpackungen so miteinander verbunden sind, dass sie nicht sortiert werden können. Das ist eine Riesenmenge! Um die gesetzliche Recycling-Quote für Kunststoffe von 63% zu erreichen, ist nur entscheidend, wie viel in den Verwertungsprozess kommt. Aber es gibt keine Quote dafür, wie viel davon wiederverwendbar sein muss.

Beim Abstieg gleitet mein Blick erneut über die Berge an Verpackungsmüll. Ich war nur einen Tag zu Besuch bei der Maschine. Sie aber arbeitet weiter. Ich frage meinen Begleiter, wie man es denn besser machen könne. Denn viele Verpackungen weigern sich, recycelt zu werden. Man müsse bereits bei der Entwicklung von Verpackung die Wiederverwendbarkeit mitdenken, so Herr Sikiera. Aber das geschehe zu selten. Die beste Verpackung ist die, die gar nicht erst entsteht! Das sage ich auch Herrn Sikiera, der mit Müll sein Geld verdient. Ob das nicht sein Geschäftsmodell infrage stelle, frage ich. Er verneint schmunzelnd. Mit weniger, aber besser wieder verwendbarem Verpackungsmüll, ließe sich immer noch Geld verdienen. Wir sind uns also gar nicht so uneinig. Wir müssen umdenken!